Was ist Mentalisieren?
Mentalisieren ist eine imaginative menschliche Fähigkeit, sich psychische Gründe für Verhalten vorstellen zu können. Wenn wir mentalisieren, dann sind wir neugierig, was hinter dem Verhalten von uns selbst und anderen steckt. Das könnten z.B. Wünsche, Gedanken, Gefühle oder Einstellungen sein.
Ich könnte mich z. B. fragen, warum jemand im Bus die Stirn runzelt, während sie mich anschaut. Ist das ein Zeichen, dass ich den Platz frei machen soll, kennt mich die Person von irgendwo oder denkt sie gerade an etwas Kompliziertes? Tatsächlich kann ich es nicht sicher wissen und müsste die Person fragen, um es herauszufinden. Der Prozess meines Nachdenkens über die Gründe des Verhaltens führt mich dahin, andere von innen und mich von außen betrachten zu können.
Wir gehen davon aus, dass Mentalisieren eine notwendige Voraussetzung für ein gelingendes soziales Miteinander ist. Wenn wir gestresst oder sehr emotional sind, ist das Mentalisieren besonders schwer und wir neigen zum automatischen Denken, was oft sehr vereinfachend ist und dem anderen viel unterstellt, z. B. dass das Stirnrunzeln im Bus eine Kritik an uns ist. Bei psychischen Erkrankungen kann das effektive Mentalisieren besonders schwer fallen, weshalb es im Rahmen einer Mentalisierungsbasierten Therapie trainiert werden sollte.
LIT:
Storebø, O. J., Stoffers-Winterling, J. M., Völlm, B. A., Kongerslev, M. T., Mattivi, J. T., Jørgensen, M. S., Faltinsen, E., Todorovac, A., Sales, C. P., & Callesen, H. E. (2020). Psychological therapies for people with borderline personality disorder. Cochrane Database of Systematic Reviews, 5.
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